ARTIST



 D E R  M A L E R

Miguel Epes ist Maler und Illustrator. Beide Kunstformen behandelt er gleichwertig und bewegt sich im Spanungsfeld zwischen abstrahierter Landschaftsmalerei und realistisch gestalteter Illustration. Diese Synthese ist Ausdruck seiner Persönlichkeit. Aus dem Gegensatz von freier Malerei, ihrer Vielfalt im offenen Experiment mit Landschafts- und Erfahrungsräumen und dem Illustrieren einer bunter Kinderwelt voller Traum und Phantasie, schöpft er die Kraft für sein umfangreiches Werk.

Während in seiner frühen malerischen Arbeit ein surrealistisches Menschenbild vorherrscht, das in der Gestaltung ähnlichen Prinzipien wie die Illustration folgt, verliert seine Malerei seit seinem Umzug nach Darmstadt immer mehr an realistischer Eindeutigkeit. 1993 beginnt Epes an den Pleinairs der Darmstädter Sezession teilzunehmen. Das Malen im Kreis europäischer Kollegen unter freiem Himmel im französischen Mirabel und im ungarischen Czongrad beeinflußt nachhaltig seine künstlerische Entwicklung. In der Natur findet er den unerschöpflichen Reichtum an Bild-Metaphern und seine eigene expressive Bildsprache.

Die Möglichkeit des Übersetzens von Naturgegenstand in abstrahierte Malerei bring ihm als neue Erfahrung die Freiheit in der Farbwahl und das Experiment mit Gegenstand und formaler Entgrenzung. Die Figur, Hauptelement seiner Illustrationen, verläßt endgültig seine freie Malerei.

In den folgenden Jahren entsteht parallel zur illustratorischen Arbeit ein umfangreiches malerisches Werk mit Landschaften , die Naturformen  abstrahieren, sich eines aus der Natur abgeleiteten Formenvokabulars bedienen. Ein bestimmtes, identifizierbares Stück Landschaft bleibt untergeordnet. Der Ort seiner Landschaften kann überall sein: In uns und außerhalb von uns, im Moglichen und im Wirklichen. Der Künstler verzichtet auch auf allegorische Mittel, die in der traditionellen Landschaftsmalerei stets für den Zustand menschlichen Lebens und für Vergänglichkeit eingesetzt wurden. Ihm geht es um imaginierte Natur, die anderes zeigt, als das Auge erblicken könnte. Je imaginierter der Landschaftsraum wird, um so freier fühlt er sich. Epes will kein Reich von stabilen Dingen, er willein Reich der Kräfte, Energien und Visionen schaffen. Bei den Arbeitsprozessen des Künstlers bildet stets das Setzen seiner Basisfarben den Angfang: gelb, rot und blau. Mit Mischfarben stellt er Trennungen zwischen ihnen her und kommt zu vorläufigen Flächenräumen. Die  Dominanz einzelner Farben und Formen wird so lange in Frage gestellt, partiell wieder aufgelöst und übermalt, bis er eine spannungsreiche Komposition erreicht hat. Am Ende steht das graphische Akzentuiren mit dunklen Linien und Strukturen.

In seiner speziellen Farbigkeit schafft Epes Formen, die Felder assozieren, Wege, Bergformationen, Brücken und Architekturfragmente. Immer durchwirken die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft die Schichten der Farbmaterie. Selbst wenn er an die Grenzen der Formenauflösung vorstößt, überschreitet er sie nie ganz und bewegt sich innerhalb einer eigenen Bildlogik im selbstentworfenen Lnadschaftsbild. In diesen imaginären Räumen verarbeitet Miguel Epes Gesehenes mit Erlebtem, Reales mit Mythischem.     

Alle Wirklichkeit und alle Phantasie kommt für ihn aus der Farbe. Emil Nolde hat formuliert, was auch ihn bewegt: "Farbe war mir ein Glück, und mir was es, als ob sie meine Hände liebte". 

Dorit Marhenke